Süchtig nach Dates

Mein Name ist Karin Beringer, ich bin Paartherapeutin und Single-Coach, und heute möchte ich euch etwas über das Phänomen der Dating-Sucht erzählen.

Einige Menschen sind ständig auf der Suche nach Abwechslung, dem perfekten Partner oder einfach nach dem Gefühl, verliebt zu sein. Alle diese drei Faktoren können unterschiedliche Ursachen haben, aber oft spielen sie zusammen. Das Ergebnis ist immer dasselbe: nämlich Ruhelosigkeit und das Hetzen von einem Date zum nächsten, von einem potenziellen Partner zum nächsten. Klar, Dating-Plattformen und Single-Börsen sind extrem verführerisch. Sie versprechen eine unendliche Möglichkeit an Dates und schaffen Anreize für permanente Abenteuer. So kann es leicht passieren, dass jemand in einen Strudel gerät, aus dem es schwerfällt, wieder herauszufinden. Ich werde jetzt die einzelnen Faktoren genauer erörtern und Gründe nennen, weshalb jemand eine Dating-Sucht entwickeln kann.


1. Faktor: Sucht nach Abwechslung

Grundsätzlich ist nichts dagegen einzuwenden, wenn sich jemand ein aufregendes Leben wünscht und gerne neue Leute kennenlernt. Wenn man sich auf einer Plattform anmeldet, bekommt man das Gefühl, überall gäbe es Frauen oder Männer, die verfügbar sind und die man jederzeit treffen könnte. Wenn man sich nun registriert und es gut läuft, wird man auch öfter angeschrieben, was den Eindruck nach unendlichen Möglichkeiten noch verstärkt. Meist passiert es schon hier, dass dieser Zustand der Anspannung und der Reiz des Neuen sich im Körper und der Psyche manifestieren und in Folge für die Sucht als Auslöser dienen. Denn meist folgen, nach den anfänglichen Erfolgen am Datingmarkt, Enttäuschungen. So zum Beispiel schreiben gerade die Personen, die einem besonders gut gefallen, nicht zurück oder nur anfänglich zurück und verschwinden dann im Internet wie in einem schwarzen Loch. Es gibt viel weniger Verbindlichkeiten und „geghostet“ zu werden ist ganz normal. Dies kann – ähnlich wie bei einer Spielsucht – einen Kreislauf auslösen, aus dem es schwer wird, wieder herauszufinden. Denn es ist gekoppelt mit einem ständigen Auf- und Ab. Erfolg und Misserfolg liegen ganz knapp nebeneinander. Die Partnersuche im Internet löst Stress aus, der oftmals nicht mehr zu kontrollieren ist. Nicht jeder ist gefährdet, in diesen Kreislauf hineinzukippen, aber doch einige. Auch gibt es Personen, die die Partnersuche mit einer derartigen Intensität betreiben, dass sie täglich mehrere Dates vereinbaren und rastlos von Verabredung zu Verabredung laufen. Was hier auf den ersten Blick wir eine Sucht nach Abwechslung aussieht, ist im Hintergrund oftmals die Sucht nach Kontrolle. Klingt seltsam auf den ersten Blick, ist es aber nicht. Denn es geht dabei weniger um die Person selbst, mit der jemand schreibt oder datet, als vielmehr darum, den oder die andere dazu zu bringen, in Kontakt zu bleiben bzw. sich zu verabreden. Die Dynamik, die dahintersteckt ist: „Gelingt es, die andere Person soweit zu kontrollieren bzw. im Griff zu haben, dass sie sich mit einem trifft und nicht den Kontakt abbricht. Dies löst sozusagen den emotionalen „Thrill“ aus, der süchtig macht.

Dazu möchte ich jetzt ein kurzes Fallbeispiel bringen. Ein Mann, nennen wir ihn Thomas, ist 30 Jahre alt und Single und möchte eine Frau kennenlernen. Seine letzte Beziehung ist ca. 5 Monate her. Er meldet sich bei Tinder an. Nachdem er gut aussieht, bekommt er sofort einige Matches. Nachdem er grundsätzlich ein verlässlicher Typ ist, schreibt er brav zurück. Umso weniger versteht er, dass von den 10 Frauen, die ihn angeschrieben haben und denen er geantwortet hat, nur mehr 5 in Kontakt mit ihm bleiben. Thomas wundert sich und beginnt sich zu fragen, ob er etwas falsch gemacht hat. Hat er zu viel zurückgeschrieben oder zu wenig, hat er langweilig geantwortet und so weiter. Er beschäftigt sich ab da gedanklich sehr viel mit diesen Online-Kontakten und wie er sich präsentieren sollte, um besser anzukommen und die Absprungrate zu verringern. Er bemerkt, dass dieses Gedankenkreisen körperlichen und psychischen Stress bei ihm auslöst und er immer öfter online geht, um zu schauen, wer ihn anschreibt bzw. antwortet. Mit einigen dieser Frauen trifft er sich, ist im Vorfeld sehr aufgeregt, ob die Dates denn tatsächlich stattfinden, denn einige sagen im letzten Moment ab oder versetzten ihn, was die Aufregung jeweils verstärkt. Er versucht für sich eine Strategie zu entwickeln, um mit vielen Frauen in Kontakt zu bleiben und möglichst viele Date zustande zu bringen. Die Frauen selbst und sein Wunsch nach einer erfüllenden Beziehung tritt in den Hintergrund. Er ist wie in einem Wettlauf mit sich selbst gefangen, möglichst viele Antworten zu bekommen und Frauen zu daten. Die Dynamik hat sich verselbständigt.

Was kann nun der Ausweg sein? Nun, Thomas sollte sich eingestehen, dass es ihm nicht guttut, in dieser Form seine Partnersuche zu gestalten. Dass er beziehungslos agiert und dass er seinen Selbstwert davon abhängig macht, mit möglichst vielen Frauen zu schreiben oder Dates zustande zu bringen. Es definiert sich darüber, Kontrolle über die Geschehnisse zu erlangen. Das kann aber nicht das Ziel sein. Das Ziel sollte sein, eine Frau kennenzulernen, mit der er sich gut versteht und Spaß hat.

2. Faktor: Sucht nach dem perfekten Partner oder der perfekten Partnerin

Durch das anscheinend unendliche Angebot an potentiellen Partnern im Internet haben einige das Gefühl, dass sie nur immer weiter suchen müssen, dann kommt der perfekte Partner oder die perfekte Partnerin. Nach dem Motto: „Besser geht immer“. Nur, das ist eine Illusion.  Falls du zu den Menschen gehörst, die glauben, dass es die einzigartige Person gibt, die all deine Bedürfnisse erfüllen kann, dann unterliegst du einem Irrtum. Vielleicht chattest du länger mit jemandem oder datest schon, währenddessen tauchen andere Männer oder Frauen auf, die dir besser gefallen oder bei denen du denkst, sie würden besser zu dir passen. Dann konzentrierst du dich sofort auf die neueste Bekanntschaft, und die vorherigen geraten in Vergessenheit. Zu dieser Dynamik gehört auch, ständig nach Fehlern zu suchen. Sobald du jemanden ein wenig besser kennenlernst, fallen dir optische Dinge auf, die dir nicht zusagen, oder Charaktereigenschaften, die du als störend empfindest. Das ist die Kehrseite der Medaille: Wenn jemand sehr perfektionistisch ist, ist er oft auch überkritisch. Ich bringe dir dazu ein Fallbeispiel: Angenommen, eine Frau, nennen wir sie Sofie, 33 Jahre alt und bisher nur in kurzen Beziehungen, ist wieder auf Partnersuche. Sie versucht sowohl online als auch beim Ausgehen mit Freundinnen, den „Mann fürs Leben“ zu finden. Da sie nach außen hin offen und freundlich wirkt und gerne flirtet, hat sie keine Probleme, schnell neue potenzielle Partner kennenzulernen. Sofie schreibt mit mehreren Männern gleichzeitig und datet sie bald. Auch in Clubs macht sie immer wieder Bekanntschaften, mit denen sie sich verabredet. Doch meistens läuft es so ab, dass sie nach kurzer Zeit etwas an diesen potenziellen Partnern findet, was ihr nicht passt. Entweder sind die Männer ihr zu klein, können sich in ihren Augen nicht benehmen, schreiben zu viel oder zu wenig, haben keine interessanten Jobs oder keine Freizeitaktivitäten, die sie teilen könnte. Sie findet immer Gründe, weshalb diese Männer sich in ihren Augen disqualifizieren. Sie sagt sich selbst, sie wolle den perfekten Mann finden, bei dem sie für immer bleibt – und dabei dürfte sie keine Fehler machen.

Was könnten die Gründe für dieses Verhalten von Sofie sein? Nun, man hat den Eindruck, als würde sie förmlich nach Fehlern bei den potentiellen Partnern suchen, nur um nicht in einer längerfristigen Beziehung zu landen. Nur was ist die Ursache dafür? Einerseits kann eine Angst vor Nähe, Bindung und emotionaler Verpflichtung dahinter stecken, dass sie in Wirklichkeit davonlaufen muss, sobald eine Beziehung Commitment verlangen würde. Anderseits ist sie sich selbst gegenüber genauso perfektionistisch wie gegenüber den Männern. Sie redet sich ein, keine Fehler machen zu dürfen bei der Partnersuche, ja nicht den Falschen zu wählen, sonst wäre alles verloren. Sie fürchtet übertriebene Konsequenzen für ihr restliches Leben, wenn sie jetzt nicht den optimalen Typen an Land zieht. Was wäre ein Ausweg für Sofie? Sie sollte sich davon verabschieden, dass es den einen perfekten Partner gibt, den sie finden muss, um für immer glücklich zu sein. Sie sollte lernen, sich selbst und den anderen gegenüber Milde walten zu lassen und kompromissfähiger werden. Auch sollte sie sich eingestehen, dass hinter ihrer Ansprüchlichkeit womöglich Angst vor Nähe und einer intimen Beziehung steckt. Ihre Sehnsucht – indem das Wort Sucht schon drinnen steckt – nach einer optimalen Liebesbeziehung, kann nur gestillt werden, wenn sie sich traut, auf jemand einzulassen. Sie muss in Kauf nehmen, dass niemand perfekt ist, sie auch nicht und es auch nicht sein muss.

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Was könnten die Gründe für dieses Verhalten von Sofie sein? Nun, man hat den Eindruck, als würde sie förmlich nach Fehlern bei den potentiellen Partnern suchen, nur um nicht in einer längerfristigen Beziehung zu landen. Nur was ist die Ursache dafür? Einerseits kann eine Angst vor Nähe, Bindung und emotionaler Verpflichtung dahinter stecken, dass sie in Wirklichkeit davonlaufen muss, sobald eine Beziehung Commitment verlangen würde. Anderseits ist sie sich selbst gegenüber genauso perfektionistisch wie gegenüber den Männern. Sie redet sich ein, keine Fehler machen zu dürfen bei der Partnersuche, ja nicht den Falschen zu wählen, sonst wäre alles verloren. Sie fürchtet übertriebene Konsequenzen für ihr restliches Leben, wenn sie jetzt nicht den optimalen Typen an Land zieht. Was wäre ein Ausweg für Sofie? Sie sollte sich davon verabschieden, dass es den einen perfekten Partner gibt, den sie finden muss, um für immer glücklich zu sein. Sie sollte lernen, sich selbst und den anderen gegenüber Milde walten zu lassen und kompromissfähiger werden. Auch sollte sie sich eingestehen, dass hinter ihrer Ansprüchlichkeit womöglich Angst vor Nähe und einer intimen Beziehung steckt. Ihre Sehnsucht – indem das Wort Sucht schon drinnen steckt – nach einer optimalen Liebesbeziehung, kann nur gestillt werden, wenn sie sich traut, auf jemand einzulassen. Sie muss in Kauf nehmen, dass niemand perfekt ist, sie auch nicht und es auch nicht sein muss.

3. Faktor: Sucht nach dem Gefühl der Verliebtheit

Verliebt zu sein ist eines der stärksten Gefühle und kann zu einer Art Rausch führen. Es ist ein biochemischer Vorgang, der Menschen in einen Ausnahmezustand bringen kann und phasenweise an wahnhaftes Verhalten erinnert. Verliebte Menschen sind oftmals himmelhochjauchzend, um dann zu Tode betrübt wieder in der Realität anzukommen. Dieser, auch so körperlich spürbare Zustand, kann eine ganze Person komplett erfassen und emotional aus der Bahn werfen. Es erinnert an einen Suchtzustand, der immer mit extremen Gefühlen in Verbindung steht. Kein Wunder also, dass es Menschen gibt, die nach diesem Lebensgefühl wie süchtig erscheinen und immer wieder sich aufs Neue verlieben müssen, um nicht in ein emotionales Loch zu fallen. Denn ohne eine neue Eroberung, die du bewundern kannst und mit der du dich ständig mental beschäftigen musst, wirkt deine Gefühlswelt öde und leer. Verliebtheit kann eine innere Leere füllen und deinem Leben einen Sinn geben.

Ein Fallbeispiel aus meiner Praxis ist Simon, ein 22 jähriger Mann, der ständig neue Beziehungen eingeht, die oft nur einige Wochen dauern, bis er wieder die nächsten Dates mit anderen Frauen vereinbaren muss. Es ist bei ihm immer das gleiche Spiel. Er datet ein bis zweimal eine Frau, verliebt sich sofort bis über beide Ohren in sie. Ist der tiefen Überzeugung, in ihr die Frau fürs Leben getroffen zu haben und will sie ständig um sie haben. Die Beziehung wird sofort total nahe. Meist ist es bereits nach der ersten Verabredung so, dass er sie in Folge täglich sieht, viel mit ihr schreibt und überzeugt ist, dass sie das Beste ist, was ihm jemals passiert ist. Es steht für ihn außer Zweifel, dass sie großartig und fehlerlos ist, sodass er allen in seinem Umfeld über sie erzählt und von ihr schwärmt. Meist kommt es aber schon nach kürzester Zeit zu kleinen Auseinandersetzungen wegen Banalitäten, die ihn derart frustrieren, dass seine Gefühle so schnell abkühlen, wie sie entbrannt sind und er sich frustriert abwendet. Dann fällt er emotional in ein Loch, fühlt sich von der Welt und dieser Frau enttäuscht, bis er sich wieder auf die Suche nach der nächsten Bekanntschaft macht.

Simon fällt sprichwörtlich in einen Liebeswahn, aus dem er frustriert erwacht, um sich sofort wieder auf die Suche zu begeben. Was steckt aber dahinter? Nun diese Frauen dienen ihm rein als Projektionsfläche seiner Wünsche und Erwartungen. Er verliebt sich sozusagen in seine eigenen Vorstellungen und Illusionen. Mit dem realen Gegenüber hat dies gar nichts zu tun. Merkt er – und das meist nach kurzer Zeit – dass diese Frau in Wirklichkeit gar nicht so ist, wie er sich das gedacht und gewünscht hat – dann serviert er sie ab. Es geht nie um das reale Gegenüber, sondern um seine eigenen Vorstellungen, die er in sie projiziert. Es ist ein Teufelskreis, aus dem es gar nicht so leicht ist, auszusteigen. Was er tun müsste, ist sich bewusst machen, dass es nur um seine Sucht nach diesem biochemischen Zustand der Verliebtheit geht, nicht um die andere Person oder eine befriedigende Liebesbeziehung. Er erwartet sich, dass dieses Objekt seiner Begierde so ist, wie er sie haben will und seinen Idealvorstellungen entsprechen soll, um seine innere Leere zu füllen. Ansonsten wendet er sich ab, fällt in ein emotionales Loch und fühlt sich betrogen.

Es können bei einer Dating-Sucht entweder alle drei Faktoren zutreffen oder nur einer davon. Aber egal, wie es sich verhält – letztendlich hindert es dich daran, jemanden kennenzulernen, mit dem du zufrieden und glücklich sein könntest.

Wenn du das Gefühl hast, in einem solchen Kreislauf gefangen zu sein und keinen Ausweg siehst, solltest du professionelle Hilfe in Anspruch nehmen.

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